Gläubige im ganzen Land sind über diesen Mord entsetzt
Die Ermordung eines Christen in der nordirakischen Stadt Kirkuk hat Entsetzen unter den Gläubigen im Land ausgelöst. Der Arbeiter war in der Nacht von Freitag auf Samstag entführt worden und wurde am vergangenen Montag enthauptet und verstümmelt aufgefunden, nachdem es seiner mittellosen Familie nicht gelungen war, die geforderten 70 000 Euro Lösegeld aufzutreiben.
Gewalt gegen Christen ist im Irak an der Tagesordnung. Nach Angaben der katholischen Kirche kamen seit 2003 im Irak etwa 2000 Christen gewalttätig ums Leben, dutzende Anschläge auf Kirchen wurden verübt sowie sechs Priester und ein Erzbischof ermordet.
Im Gespräch mit KIRCHE IN NOT sagte der chaldäisch-katholische Erzbischof von Kirkuk, Louis Sako, er bewundere den anhaltend starken Glauben seiner Gemeinde trotz aller Gewalt. “In all den Jahren habe ich trotz der vielfältigen Drohungen nie gehört, dass auch nur ein einziger Christ zum Islam konvertiert ist”, betonte Sako. Dagegen kämen regelmäßig Muslime in seine Kirche, die sich taufen lassen wollen. “Aber sie zu taufen, ist mir nicht erlaubt. Das ist keine Religionsfreiheit!”
Der chaldäisch-katholische Erzbischof von Erbil, Bashar Warda, sagte: “Der Mord sollte uns Christen einschüchtern. In Zukunft wird nun jeder sofort Lösegeld zahlen.” Warda vermutet hinter der Tat Islamisten und forderte die muslimischen Geistlichen im Irak auf, ihren Gläubigen klarzumachen, dass ein solcher Mord ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit und den Glauben sei. “Es darf nicht sein, dass in einigen Moscheen immer noch Hass gegen Andersgläubige gepredigt wird”, betonte Warda.
Der syrisch-katholische Erzbischof von Mossul, Boutros Moshe, sagte gegenüber KIRCHE IN NOT dagegen, er glaube nicht, dass direkte religiöse Motive hinter der Gewalt im Land steckten. Vielmehr gehe es den kriminellen Banden vor allem um Geld. Moshe räumte jedoch ein, dass die Banditen von radikalen politischen Strömungen instrumentalisiert werden könnten. “Manche sagen sogar, die Kriminellen werden von den Parteien bezahlt”, berichtete er.
Eine Delegation von KIRCHE IN NOT befindet sich zurzeit im Irak, um sich über die Situation der Kirche im Land zu informieren. Im Gespräch mit dem Hilfswerk bezweifelten sämtliche befragten irakischen Christen, dass der interreligiöse Dialog mit den Muslimen Früchte tragen werde.
Ein Priester, der aus Sicherheitsgründen nicht genannt werden möchte, sagte nach dem Mord: “Die Muslime sprechen mit uns ständig über ein ‘friedliches Zusammenleben’. Doch dann geschieht so etwas und kein muslimischer Geistlicher verurteilt den Mord. Was sollen wir davon halten?” Ein anderer Priester fügte hinzu: “Den interreligiösen Dialog gibt es nicht. Wenn wir mit muslimischen Führern sprechen wollen, kommen sie, predigen und gehen wieder. Aber sie hören uns nicht zu.”
“Wir sind nur sicher vor den Muslimen, wenn wir ihnen zeigen, dass wir die Kontrolle haben”, meinte der Bürgermeister einer christlichen Siedlung gegenüber KIRCHE IN NOT. Die Christen seines nahe der nordirakischen Terroristenhochburg Mossul gelegenen Dorfes schützen sich durch Betonmauern, Straßensperren und bewaffnete Wachen gegen Terroristen und Kriminelle.
“Bewaffnete Banden sind ein großes Problem in Mossul und Umgebung”, sagte der Bürgermeister. “Wir vermuten, dass es politische Strömungen im Irak gibt, die diese Verbrecher dafür bezahlen, dass sie Jagd auf Christen machen.” Er stimme Erzbischof Warda darin zu, dass in manchen irakischen Moscheen immer noch Intoleranz gepredigt werde. “Wenn ich das Christentum verlasse, würde mich niemand verfolgen und mir den Kopf abschlagen. Das ist der Unterschied zum Islam.”
Wie dramatisch und unübersichtlich die Lage für die Menschen im Irak zum Teil ist, zeigen Berichte eines aktuellen Anschlags in Kirkuk. Am Morgen des 19. Mai sind in der Stadt Sprengsätze vor einer Polizeistation explodiert, dabei kamen mindestens 27 Menschen ums Leben.
Unseren Mitarbeiter Berthold Pelster können Sie zu einem Vortrag über das Christentum im Irak für Ihre Pfarrei einladen.
Darin referiert er über Hintergründe und Ursachen von Flucht und Vertreibung im Irak. Außerdem zeigt er den Film “Quo Vadis – Irakischer Exodus”, den Sie sich in der Medienbox anschauen oder auch bei uns bestellen können.
Eine Inhaltsangabe des Vortrags können Sie hier nachlesen. Sie erreichen Herrn Pelster in unserem Büro per E-Mail oder rufen Sie an unter: 089 / 64 24 888-32.