Politik, 20.05.2011, Gregor Boldt
Die Staatssekretärin für Integration im Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales NRW, Zülfiye Kaykin
Duisburg. Die NRW-Staatssekretärin für Integration, Zülfiye Kaykın, soll angeblich Kontakt zur türkischen rechtsextremen Organisation Graue Wölfe haben. Außerdem wird ihr vorgeworfen, eine Studie zu Extremismus bei Jugendlichen nicht unterstützt zu haben.
Zülfiye Kaykın soll eigentlich Menschen zusammenführen. Doch jetzt spaltet die Staatssekretärin für Integration im NRW-Arbeitsministerium sogar die türkische Gemeinde in Deutschland. Die Duisburgerin sieht sich mit schweren Anschuldigungen türkischer Vereine konfrontiert – nicht zum ersten Mal. Sie soll eine Nähe zu türkischen Rechtsradikalen, den Grauen Wölfen, haben, sagen die Vorstände der Türkischen Gemeinde NRW und der Alevitischen Gemeinde Deutschlands und fordern persönliche Konsequenzen.
Zudem soll sie es abgelehnt haben, einen Fragebogen zum Thema „Demokratiefeindliche Tendenzen unter türkeistämmigen Jugendlichen“ auszufüllen, den die Alevitische Gemeinde im Auftrag des Bundesfamilienministeriums im März dieses Jahres eingereicht hatte. Kaykıns Abteilungsleiter ließ die Gemeinde per Mail wissen, dass der Fragebogen nicht den Anforderungen methodisch seriöser Erhebungen entspreche und „die Beantwortung eine Zumutung“ sei. Der Schriftverkehr liegt dieser Zeitung vor. „Aus den oben genannten Gründen fordert die Türkische Gemeinde NRW den Rücktritt der Integrationsstaatssekretärin Kaykın“, sagt der Vorsitzende Deniz Güner.
Auch wenn das Arbeitsministerium sich mittlerweile bereit erklärt hat, den Fragebogen gemeinsam mit der Landeszentrale für politische Bildung zu beantworten, schließen sich auch die Verbände der Glaubensgemeinschaften der als liberal geltenden Aleviten und der Aramäer (türkische Christen) in Deutschland den Rücktrittsforderungen an.
Rückblick: Im April 2010 wurde in der Zentralmoschee des Muslim-Verbands Ditib in Duisburg-Marxloh eine Totenmesse zu Ehren von Alparslan Türkes gehalten. Der Nationalist war Gründer der rechtsextremen Organisation Graue Wölfe, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird wegen ihrer antidemokratischen, rassistischen und gewaltbereiten Einstellung. Zu diesem Zeitpunkt war Zülfiye Kaykın Geschäftsführerin der mit der Zentralmoschee verbundenen Ditib-Begegnungsstätte.
Zeugen wollen gesehen haben, wie Kaykın an der Zeremonie teilgenommen hat. Dazu stellt ihr Sprecher fest: „Frau Kaykın hat zu keiner Zeit und an keinem Ort bewusst Kontakt zu rechtsextremen türkischen Organisationen, Verbänden, Gruppen oder Parteien gehabt.“
Von Personen ist jedoch nicht die Rede, was auch falsch wäre. Denn Isa Ilyasoglu, Mitglied der rechtsextremen Partei MHP (Partei der Nationalistischen Bewegung), dem politischen Arm der Grauen Wölfe, hat die Staatssekretärin sehr wohl mehrmals getroffen. Ihr Sprecher bestätigt gegenüber dieser Zeitung, dass „Herr Ilyasoglu Frau Kaykın auf verschiedenen öffentlichen Veranstaltungen zufällig begegnet ist“.
In die rechtsradikale Ecke will sich die Duisburgerin mit SPD-Parteibuch deswegen jedoch nicht drängen lassen. Sie behält sich vor, Strafanzeige zu erstatten, „sollten Behauptungen, die ihr eine politische Nähe zu rechtsextremen türkischen Gruppen unterstellen, zu ihrer Person öffentlich erhoben werden.“
Die Angriffe aus der türkischen Community sind Zülfiye Kaykın nicht fremd. Bereits bevor sie ihren Job im Arbeitsministerium antrat, bekam sie den Widerstand selbst ihrer eigenen Moscheegemeinde zu spüren. Selbst ein Regierungsmitglied der Türkei hatte sich darüber beschwert, dass sie ihre öffentlich anerkannte Arbeit in der Begegnungsstätte in Duisburg-Marxloh für ihre politische Karriere missbrauche.
Essen. Die „Grauen Wölfe“ gewinnen immer mehr Einfluss auf türkische Jugendliche in NRW, warnen Experten. Sie ködern vor allem frustrierte junge Männer. Im Internet verbreiten sie ihre hasserfüllte und rassistische Propaganda – und gefährden die… weiter…