Autobombenexplosion in christlichem Viertel von Aleppo – Metropolit Gregorios Yohanna Ibrahim: Salafisten und Wahabiten stellen Gefahr für Koexistenz von Christen und Muslimen im Nahen Osten dar
23.03.2012
Damaskus, 23.03.2012 (KAP) Der syrisch-orthodoxe Metropolit von Aleppo, Mar Gregorios Yohanna Ibrahim ist – wie erst jetzt bekannt wurde – nur knapp einer Autobombenexplosion entkommen. Die Explosion im christlichen Viertel von Aleppo habe sich nur 300 Meter von der syrisch-orthodoxen Kathedrale ereignet, berichtete der Metropolit am Freitag der Wiener Stiftung „Pro Oriente“.
Mar Gregorius selbst saß demnach in einem Auto in unmittelbarer Nähe des Anschlagsorts, blieb jedoch unverletzt. „Einen Moment war ich ohnmächtig, spürte aber, wie der Wagen vom Boden abhob und außer Kontrolle geriet“, schilderte der Metropolit „Pro Oriente“ den Moment des Anschlags.
Das Attentat von 18. März, bei dem drei Menschen getötet und rund 30 schwer verletzt worden sind, habe „die Ruhe der Stadt in Chaos und in ein Blutbad verwandelt“, so der Metropolit. Es handelte sich bereits um den zweiten Anschlag im christlichen Bezirk Aleppos. Er weigere sich nach wie vor – so der Bischof -, daran zu glauben, dass die Attentate bewusst gegen die Christen gerichtet waren. Jedoch könnten die Ereignisse als Bestätigung der These angesehen werden, dass sich der Terror in Syrien auch gegen die wehrlosen christlichen Gemeinschaften im Land richte.
Auch in Damaskus hätten sich Bombenanschläge in christlich geprägten Vierteln ereignet. Man müsse ebenso daran erinnern, dass Homs – einst eine christliche Hochburg und ein Patriarchensitz – heute in Schutt und Asche liege und von seinen christlichen Einwohnern nahezu verlassen sei. In Homs hätten 120 Opfer des Terrors den Tod gefunden, Hunderte seien schwer verletzt worden. Trotzdem wäre es voreilig, Schlüsse auf die Täter zu ziehen, so Mar Gregorios: „Wie die friedliche Mehrheit der Syrer warten wir auf die Ergebnisse der Untersuchungen, um die wahren Motive hinter den Bluttaten zu erkennen.“
Mit der Mehrheit der Syrer würden auch die Christen die „konfessionalistische Sprache“ zurückweisen, die heute um Land vorherrschend sei, unterstrich der Metropolit. Ein Auseinanderdividieren der friedlich koexistierenden Gemeinschaften – Christen, Sunniten, Alewiten und Drusen – würde „ernsthafte und unabsehbare Konsequenzen“ haben.
Emigration und Islamismus
Mar Gregorios erinnerte, dass die Christen im Nahen Osten heute mit zwei „bitteren und ernsten“ Problemen konfrontiert sind. Einerseits sei die Emigration, die früher gut aufgestellte Gemeinschaften dezimiert habe, ein harter Schlag für die Zurückbleibenden.
Andererseits hätten die Christen mit der Welle des radikalen Islamismus zu kämpfen. Auf einmal werde Stimmen von Fundamentalisten und Extremisten, „vor allem aus Saudi-Arabien“, breiter Raum gegeben. Salafisten und Wahabiten stellten eine Gefahr für die Koexistenz von Christen und Muslimen im Nahen Osten dar, so der Metropolit. Die Propaganda dieser Gruppen behindere die Entwicklung einer Kultur der Toleranz, der friedlichen Koexistenz, der Religionsfreiheit, des Pluralismus, der Demokratie und der überfälligen Reformen.
„Zusammen mit allen friedliebenden Bürgern Syriens, Muslimen und Christen, hoffen und beten wir, dass die dunklen Wolken des Arabischen Frühlings vorbeiziehen und wir von den Konsequenzen verschont bleiben“, betonte der syrisch-orthodoxe Metropolit, der seit 1989 Ehrenmitglied von „Pro Oriente“ ist. Die „dunklen und schwierigen Tagen in Syrien“, wo lange „außerordentliche Toleranz, Frieden und Sicherheit“ geherrscht habe, werde er in Glauben und Gebet durchhalten.